Historie

Am 29. Oktober 1923 hieß es „Achtung, Achtung, hier ist Berlin…“. So begann die erste Sendung eines nun regelmäßigen Unterhaltungs-Rundfunkdienstes in Deutschland. Einem Funkdienst, dessen Benutzung genehmigungspflichtig war und „…dessen Aufgabe es ist, Vorträge künstlerischen und unterhaltenden Inhalts, Musikvorführungen und dgl. auf drahtlos telephonischem Wege zu verbreiten.“

Die Deutsche Reichspost war wie bei all ihren Diensten zuvor gewohnt und gewillt auch im Unterhaltungs-Rundfunkdienst ihr Monopol durchzusetzen. So sollten Hörer nur über stringente Regularien und vor allem kontrollierbar am Empfang teilnehmen dürfen.

Doch man befand sich mit der drahtlosen Technologie im freien Raum, die mittlerweile auch Bastler beherrschten. Eine große Zahl von Schwarzhörern war zu befürchten. (per 1. Januar 1924 wird von lediglich 1.500 legalen Zuhörern ausgegangen)

Als Schnelleinstieg in die Thematik bietet sich der nachfolgende Audiobeitrag von den Steffen DM6WAN für das Radio-DARC an. Sendung 22.10.2023 / (Klick hier oder auf Bild)

Quelle: aus Sondersendung von Radio-DARC zu „100 Jahre Radio“ (Sendungs-Nr. 454). Zur vollständigen Sendung hier im Archiv von Radio-DARC.

Am 24. Januar 1924

…lud man Vertreter der sich seit 1923 gegründeten bürgerlich geprägten Radio- und Funkverbände ein, um „… gemeinschaftlich den Versuch zu machen, der bisher ungesetzlichen Betätigung der nichtgenehmigten Empfangsanlagen entgegenzuwirken.“ (die Rede Bredows, Sitzungsprotokoll, Bericht mit den Richtlinien; Quelle DokuFunk Wien) Unmittelbar im Vorfeld zu dieser Radiokonferenz (Hinweis zu Ort und Datum) erfolgte durch einen Großteil dieser lokalen Vereine die Gründung eines Zweckverbands, eines Kartells, um mit einer Stimme in die anstehenden Gespräche zu gehen. Das Deutsche Funk-Kartell war geboren. Liste der frühen Kartellvereine (DokuFunk Wien).

Im Ergebnis der Verhandlungen autorisierte die Deutsche Reichspost die von ihnen anerkannten, unmittelbaren Funk- und Radioverbände (letztlich 10 Verbände mit ca. 320 Vereinen zum Ende Funk-Kartells nach 18 Monaten) zur qualifizierten Ausbildung und zur Prüfungsabnahme einer sogenannten Audion-Versuchserlaubnis. Die Protagonisten der Vereine waren bislang meist Fachleute und/oder am Amateurfunk Interessierte, die sich vor allem den Zugang zu den noch verwehrten privaten Funk-Sendelizenzen erhofften. Durch ihr nun eingefordertes Engagement bei zu erwartend rasant steigenden Mitgliederzahlen erhoffte man sich auch diesbezüglich ein Entgegenkommen.

Die Erfolgsübersicht

850.000 neue Hörer im Zeitraum des Wirkens des Deutschen Funk-Kartells

Was für eine gewaltige Aufgabe!

Plötzlich hatten alle Bürger in Deutschland, die Nutznießer dieses neuen Unterhaltungs-Rundfunks werden wollten, per Verfügung diesen Weg zu beschreiten (die wenigen Zuhörer per Detektor im Nahfeld ausgenommen) und mussten zunächst Mitglied in einem der ortsansässigen Funk-/Radiovereine werden, um sich dann qualifizieren zu lassen. (Lehrbücher, Zeitschriften, Basteln/Experimentieren)  Das erklärte Ziel war die „Hebung des funktechnischen Verständnisses in allen Volkskreisen“.

Kaum bekannt

Bereits zwei Monate nach Gründung, am 28. April 1924, folgte unter Teilnahme von Vertretern des Funk-Kartells die Funktagung der Verbandes Deutscher Elektrotechniker (VDE). Sie vereinte die an der Einführung und Umsetzung des deutschen Rundfunks beteiligten Akteure. Vom Reichspostministerium, dem Reichsfunkverband, den Hochschullehrern der Elektrotechnik und dem Ingenieursverband, der Radio-Industrie und den Radio-Händlern… bis hin zum Funk-Kartell.  Der letzte Tagesordnungspunkt lautete wörtlich: „Organisation und Zukunft des Funkamateurwesens (mit dem Zusatz) Funkkartell“

Führende Persönlichkeiten im Deutschen Funk-Kartell

…und deren 10 Verbände:

18 Monate Deutsches Funk-Kartell – Mission erfüllt.

Im Sommer 1925 war das Ziel erreicht. Zum 1. September war der Wegfall von A.V.E. und Detektorerlaubnis angekündigt – der Rundfunk in Deutschland war endlich angekommen.

Per 1. September 1925 waren in Deutschland 853.000 Rundfunk-Teilnehmer gemeldet.

Ein Teil dieser vor 100 Jahren gegründeten Radio- und Funkvereine (bei Kartell-Auflösung waren es ca. 320 Vereine mit etwa 50.000 Mitgliedern) stellen die historischen Wurzeln heutiger DARC-Ortsverbände dar, an die wir im Rahmen dieses Events gern erinnern wollen. Siehe  nachfolgende Übersicht:

Zu den „Digitalen Nachlässen“ einiger dieser frühen Radio- bzw. Funkvereine im Kartell.

Für die am Amateurfunk interessierten Vereine war nun der Weg frei für eine deutschlandweit anerkannte neue Dachorganisation, dem Deutschen Funktechnischen Verband (DFTV / siehe auchEin Jahr DFTVFunkbastler 1926H36)

zur Auflösung des Funk-Kartells und Gründung DFTV am 28. Juli 1925